- Höchste Lagerbestände bei europäischen Unternehmen seit 2012
- Spanien sowie die Schweizer Nachbarländer, Italien und Deutschland haben am stärksten «aufgestockt» - dies dürfte für die Schweizer Exportindustrie spürbar werden.
- «Days Inventory Outstanding» (DIO) nehmen um vier Tage zu, sowohl bei grossen Unternehmen als auch bei KMU
- Gründe dafür: globale Unsicherheiten, schwächelnder Welthandel und unerwartet schwache Nachfrage
Wallisellen, 27. Juni 2019 – Seit Mitte 2018 horten europäische Unternehmen – grosse Firmen ebenso wie mittelständische – ungewöhnlich hohe Lagerbestände. Im März 2019 erreichte die Lagerbestandsquote in der Eurozone (basierend auf den Auftragseingängen der Industrie gemäss Einkaufsmanagerindex, EMI) einen neuen Rekordwert – den höchsten Stand seit 2012 und höher als irgendwo sonst auf der Welt. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Euler Hermes und TRIB Rating, dem Rating-Service von Euler Hermes Rating in Zusammenarbeit mit Moody’s für europaweit einheitliche Ratings für mittelständische Unternehmen.
Gestiegene Lagerbestände wirken sich auf Exportindustrie aus – auch in der Schweiz
Am stärksten aufgestockt haben neben spanischen und italienischen vor allem die deutschen Unternehmen. Die Gründe für die überquellenden Lager sind die steigenden globalen Unsicherheiten, insbesondere ab der zweiten Jahreshälfte 2018, der schwächelnde Welthandel sowie die Nachfrage, die sich in einigen Branchen noch schwächer entwickelt hat, als zunächst erwartet.
Das Horten der europäischen Unternehmen betrifft in der Folge auch die Exportnation Schweiz, wie Stefan Ruf, CEO von Euler Hermes Schweiz erläutert: «Die gestiegenen Lagerbestände in der Eurozone werden zu weniger Bestellungen von europäischen Abnehmern in der Schweiz führen. Dies dürfte für die Schweizer Exportindustrie spürbar werden.»
Grosse Unternehmen: Weltmeister beim Lageraufbau sind Spanien und Deutschland
Bei grossen Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in der Eurozone stiegen 2018 die durchschnittlichen «Days Inventory Outstanding» (DIO) – also die Zeitspanne, die ein Unternehmen benötigt, um seine Bestände in Umsatz umzuwandeln – um vier Tage auf 52 Tage (2017: 48 Tage). Den grössten Lageraufbau wiesen dabei Unternehmen in Spanien (+11 Tage) und Deutschland (+6 Tage) auf.
KMU: Italien und Deutschland stocken besonders stark auf
Auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Europa legten bei den Lagerbeständen deutlich zu. Die durchschnittlichen DIO stiegen um vier Tage auf 58 Tage. Die grössten Zuwächse verzeichneten Mittelständler in Italien (+9 Tage) und Deutschland (+6 Tage).
Was tun? Kampfpreise zur Lagerräumung und Drosselung der Produktion
«Die Rekordbestände erfordern entsprechende Gegenmassnahmen», sagt Kai Gerdes, Direktor Analyse bei Euler Hermes Rating. «Das bedeutet, dass wir Anpassungen sowohl bei der Produktion als auch bei den Preisen sehen werden, um den Abverkauf zu beschleunigen. Schliesslich kosten hohe Lagerbestände neben Platz vor allem viel Geld.»
Tatsächlich bewerteten die im Juni 2019 befragten europäischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes die aktuellen Lagerbestand selbst als «zu gross».
Deutliche Spuren für Inflation und Wirtschaft in Sicht
«Wir schätzen, dass der Lagerbestand in Europa derzeit zwischen 20% und 30% über dem liegt, was normal wäre», sagt Gerdes. «Das ist erheblich und der Abbau hinterlässt voraussichtlich deutliche Spuren bei Inflation und Wirtschaftswachstum: Die Inflationsrate würde mit den Anpassungen sowohl 2019 als auch 2020 sinken. Zudem dürften die ‚Hamster-Lager‘ das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Euroraum 2019 negativ beeinflussen. Dies dürfte um 0,3 Prozentpunkte (pp) auf +1,2% sinken. 2020 ist dann wieder ein leichte Erholung in Sicht.»
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