- Der Welthandel verzeichnet 2019 mit +1,5% niedrigstes Wachstum der letzten Dekade; auch der Wert der gehandelten Waren und Dienstleistungen befindet sich im Minus (-1,7%)
- China grösster Verlierer beim Export, Bilanz für die Schweiz ist durchzogen
- Protektionismus wird Normalität: Mit weltweit 1.291 neuen Handelsbarrieren im Jahr 2019 weiterhin nahe am Negativrekord von 2018
- 2020 nur leichte Verbesserung in Sicht: +1,7% Wachstum beim Welthandel erwartet
- «Mini-Deal» zwischen USA und China ist nicht der Durchbruch; Europa könnte 2020 stärker ins US-Visier geraten
Wallisellen, 25. November 2019 – Die Macht des Welthandels schwindet weiter: 2019 dürfte der Handel von Waren und Dienstleistungen mit einem schmalen Plus von 1,5% das niedrigste Wachstum (Volumen) in der gesamten letzten Dekade verzeichnen. Beim Wert der gehandelten Waren dürfte für 2019 am Ende sogar ein Minus von -1,7% zu Buche stehen, das vor allem den Einbruch bei den Rohstoffpreisen geschuldet ist. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Euler Hermes. Insgesamt hat der schwache Welthandel 2019 für Exporteure zu Verlusten (1) von 420 Milliarden US-Dollar (Mrd. USD) geführt.
2019: China grösster Export-Verlierer, durchzogene Bilanz für die Schweiz
Zu den grössten Verlierern aufgrund des schwachen Welthandels 2019 gehört China mit Exportverlusten von –67 Mrd. USD. «Im eskalierenden Handelskrieg zwischen den USA und China kommt die Handelsumlenkung den kleinen und agilen Exporteuren am meisten zu Gute», erklärt Stefan Ruf, CEO von Euler Hermes Schweiz. Für die Schweiz ergibt sich dabei eine durchzogene Bilanz: «Zwar ist der Marktanteil der Schweiz in den USA ist 2019 von 1,6% auf 1,7% gestiegen, in China allerdings von 1,7% auf 1,3% gesunken – wir sehen also ein gemischtes Gesamtbild», so Ruf.
Zunahme bei Handelsbarrieren nach Negativrekord im Vorjahr nur leicht gebremst
Grund für den schwachen Welthandel ist nach Ansicht der Euler Hermes Experten zum einen das deutlich langsamere Wachstum der Weltwirtschaft mit 2,5% im Jahr 2019 (+3,1% in 2018). Zudem können 2 Prozentpunkte (pp) bei den Einbussen über zwei Jahre (2019 und 2020) direkt auf die grossen Unsicherheiten und die höheren weltweiten Zölle durch den Handelskonflikt zurückgeführt werden.
«Nach dem Negativrekord von 1.382 neuen Handelsbarrieren im Vorjahr verzeichnen wir auch 2019 weltweit wieder 1.291 neue Massnahmen – Protektionismus wird zur Normalität», sagt Stefan Ruf. Auffällig: die Schweiz hat seit 2008 laut Global Trade Alert nur 17 neue protektionistische Massnahmen implementiert – und das obwohl die reale Effektivzinserhöhung von (+4%) seit Beginn des Handelskrieges die Exporte der Eidgenossenschaft weniger wettbewerbsfähig macht.
Das Imperium schlägt auch 2020 nicht zurück
Auch 2020 wird das Imperium des Welthandels nicht gerade mit voller Wucht zurückschlagen. Das Schlimmste dürfte zwar vermutlich vorbei sein, allerdings erwarten die Euler Hermes Experten im kommenden Jahr ebenfalls nur magere 1,7% Wachstum des Welthandels. Der Handelskonflikt mit seinen Zöllen wird auch 2020 weiterhin die Geschehnisse prägen.
«Der oberflächliche Mini-Deal zwischen den USA und China, der schwächelnde Handel von Dienstleistungen sowie ein vollgepackter politischer Terminkalender mit jeder Menge Unsicherheiten lassen wenig Hoffnung für einen grossartigen Aufschwung», so Stefan Ruf, «Das Wachstum der Weltwirtschaft verlangsamt sich noch weiter auf +2,4% (2019: 2,5%) – zudem müssen sich einige Exportnationen noch von den Verlusten im aktuellen Jahr erholen».
Eskalation zum Handelskrieg nicht wahrscheinlich – Deeskalation aber auch nicht
«Wir gehen davon aus, dass wir weiterhin in einem 'Handelskonflikt-Szenario' bleiben», sagt Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe und der Allianz. «Eine Eskalation zum Handelskrieg erscheint aktuell eher unwahrscheinlich, eine grossartige Deeskalation zeichnet sich nach unserer Einschätzung allerdings auch nicht ab. Die USA werden vor den Wahlen vermutlich auf eine weitere grosse Zollrunde verzichten, aber eine Rückkehr zum Niveau der Ära vor Präsident Trump ist auch nicht sehr wahrscheinlich.»
Die Euler-Hermes-Experten gehen weiterhin von einem durchschnittlichen Zollsatz in den USA von rund 8% aus (mit einer gewissen Volatilität) sowie von negativen Auswirkungen über zwei Jahre (2019/2020) von 0,5pp auf das Wachstum der Weltwirtschaft und 2pp des Welthandels.
Verschoben ist nicht aufgehoben: Zölle auf europäische Autos nur vertagt
In Europa dürften insbesondere die sowieso schon gebeutelten Autobauer sowie ihre Zulieferer in der Schweiz bangen. Zwar hat Präsent Trump die Entscheidung über Zölle auf europäische Automobile auf 2020 vertagt, eine Entwarnung ist dies jedoch keinesfalls: «Verschoben ist nicht aufgehoben», sagt Subran. „Die Europäische Zentralbank (EZB), Deutschland und die EU insgesamt standen schon mehrfach in Trumps Twitter-Kritik. Die Sorge, dass er in rund sechs Monaten Zölle auf europäische Autoexporte ankündigen, ist also alles andere als unbegründet. Zumal eine weitere Eskalation der Zölle auf chinesische Einfuhren zum Eigentor werden könnten, da sie die amerikanischen Endverbraucher direkt treffen würden. Im Wahljahr wahrscheinlich keine so gute Idee. Da ist ein Fokus auf Europa wesentlich wahrscheinlicher.»
(1) Exportverluste/-gewinne bezeichnet in der Studie die Veränderung der Ausfuhren eines Landes beim Warenwert im Vergleich zum Vorjahr
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