Schokolade, Marzipan und Mandeln – die hochwertigen Zutaten von Kessko sind begehrt bei Bäckern und Konditoren. Doch Beliebtheit ist nur eine Seite der Medaille: Die Ware muss auch bezahlt werden. Um das zu gewährleisten, setzt der Bonner Backwarenhersteller auf ein strukturiertes Forderungsmanagement. Geschäftsführer Klaus Nannt erläutert, wie er dabei vorgeht und warum er guten Kunden auch mal entgegenkommt.
Herr Nannt, wie oft kommt es vor, dass Ihre Kunden Rechnungen nicht bezahlen?
Die Zahlungsmoral ist grundsätzlich gut. Aber es kommt schon mal vor, dass ein Unternehmen Insolvenz anmelden muss und eine Forderung ausfällt. Bei kleinen Kunden ist der Schaden überschaubar. Wenn hingegen ein großer Backbetrieb zahlungsunfähig wird, kann ein fünfstelliger Betrag auf dem Spiel stehen. Das kommt zum Glück sehr selten vor.
Wie setzt sich Ihre Kundschaft zusammen?
Unser Stammgeschäft sind klassische Bäckereien, Konditoreien und der Großhandel. Sie stehen für mehr als die Hälfte unseres Umsatzes. Dabei handelt es sich um Unternehmen unterschiedlicher Größe – vom Eiscafé bis zur Filialbäckerei. Die andere Hälfte unserer Kundschaft teilt sich auf in Industriekunden und Unternehmen im Ausland.
Wie treffen Sie Vorsorge gegen Zahlungsausfälle?
Bei offenen Rechnungen verschicken wir zunächst vier Mal eine Mahnung – das geschieht einmal im Monat zu einem festen Termin. Die ersten beiden Schreiben gehen automatisch raus, das dritte und vierte Mal unterschreibe ich selbst, um der Forderung mehr Nachdruck zu verleihen. Alle drei bis vier Wochen erhalte ich eine Übersicht aller Kunden, die in Verzug sind.
Und wenn das nichts nützt?
Für diese Fälle haben wir eine Art Warnsystem, das jedem größeren Kunden einen Warenwert zuordnet. Wird der Betrag überschritten, weil eine Rechnung noch offen ist, wird der Kunde im System automatisch gesperrt. Dann muss der Vertrieb mit ihm sprechen. Das sind keine angenehmen Gespräche, aber in der Regel erhalten wir danach schnell das Geld und können wieder liefern. Hin und wieder müssen wir Vorgänge auch an einen Inkasso-Dienstleister abgeben.
Holen Sie Auskünfte über Ihre Kunden ein?
Wenn wir einen neuen Kunden haben oder ein großer Auftrag eingeht, dann lassen wir die Bonität des Kunden prüfen.
Wie erfahren Sie, ob sich die Bonität eines Kunden im Lauf der Zeit verändert?
Anhand von Warenkreditversicherungen, die wir für unsere 50 wichtigsten Kunden bei Euler Hermes abgeschlossen haben. Unser Vertrieb schaut sich einmal im Jahr an, ob der Kreis der Versicherten aktualisiert werden muss. Dann stellen wir eine Anfrage. Wenn Euler Hermes das Geschäft mit einem Kunden nicht versichern will, werden wir hellhörig.
Was tun sie dann?
Wir überlegen, welches Risiko wir bereit sind zu tragen. Wir wollen unsere Kunden in einer schwierigen Phase ja nicht hängenlassen, sondern möglichst weiter beliefern. Davon leben wir schließlich.
Nehmen Kunden Ihnen übel, wenn Sie Auskünfte über sie einholen?
Da ist Fingerspitzengefühl gefragt. Es gibt Kunden, die sehen das als eine Art Vertrauensbruch an. Aber man muss ausdrücklich sagen, dass Bonitätsprüfungen übliche Geschäftspraxis sind. Für uns ist es ja wichtig, dass Rechnungen bezahlt werden. Viele Kunden verstehen das auch.
Spielen Sie mit dem Gedanken, Ihr Forderungsmanagement zu modernisieren?
Ja. Zahlreiche Funktionen ließen sich von neuer Software wesentlich effizienter erledigen. Die Kosten für so eine Investition sind allerdings hoch. Wir müssen als Mittelständler immer überlegen, wo wir den Schwerpunkt unserer Zukunftsinvestitionen setzen. Wir arbeiten zurzeit daran, ein ERP-System einzuführen, das viele verschiedene Geschäftsanwendungen abdeckt. Darin soll auch das Mahnwesen automatisiert sein.
Das Verwalten von Forderungen kann viel Arbeit machen...
… weshalb wir immer wieder überlegen, unser Mahnwesen an einen Dienstleister abzugeben. Angesichts der damit verbundenen Kosten haben wir uns bislang aber noch nicht dazu entschieden.
Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf die Zahlungsmoral Ihrer Kunden?
Die Zahl der Mahnungen ist deutlich gestiegen. Wir hatten Außenstände im sechsstelligen Bereich. Konditoreien, Cafés oder Eisdielen hat der Lockdown besonders hart getroffen. In vielen Fällen haben wir uns dann mit den betroffenen Kunden zusammengesetzt und längere Zahlungsziele vereinbart. Mittlerweile hat sich die Lage aber wieder entspannt.
Wie hat sich die Pandemie auf ihre eigenen Lieferketten ausgewirkt?
Erstaunlicherweise haben wir das gar nicht gemerkt – obwohl wir abhängig von Rohstoffen sind. Kakaobohnen, Nüsse, Mandeln oder Marzipan kaufen wir weltweit ein. Die Lager unserer Lieferanten sind durch den Nachfragerückgang gut gefüllt. Bei Kakaobohnen und Mandeln brechen nun die Preise ein, weil die neue Ernte reindrückt, die alte aber noch nicht verkauft ist.
Eine Senkung der Umsatzsteuer soll den Konsum ankurbeln. Wird sich das auf Ihren Absatz auswirken?
Ich denke nicht, dass wir das in unserem Geschäft spüren. Kleine Bäckereien und Konditoreien werden ihre Preise sicher nicht deutlich senken. Das halten wir für gerechtfertigt, denn viele von ihnen sind durch den Lockdown geschwächt.
Was bedeutet die Senkung der Umsatzsteuer für Ihre internen Prozesse?
Es genügt nicht, statt 19 Prozent einfach 16 Prozent auf die Rechnung zu schreiben. In unserer Buchhaltung müssen allein 50 Konten geändert werden. Unser EDV-Dienstleister hatte alle Hände voll zu tun – und lässt sich das natürlich auch bezahlen. Wenn wir zum alten Umsatzsteuersatz zurückkehren, geht das Spiel von vorne los.
Haben Sie durch Corona Kunden verloren?
Bislang wenig. Ich rechne aber damit, dass das Bäckereisterben in Deutschland durch Corona beschleunigt wird. Rund 500 Betriebe machen in Deutschland jedes Jahr zu. Wir gehen davon aus, dass diese Zahl in diesem Jahr deutlich höher liegen wird.
Was ist Ihre persönliche Prognose – wie wird es in Ihrer Branche weitergehen?
Die Großen werden weiter wachsen. Die Kleinen müssen sich spezialisieren. Dann haben sie hervorragende Wachstumschancen. Wir sehen unsere Stärke bei Nischenprodukten, aber auch auf dem Feld der biologischen und veganen Zutaten. Das gleiche gilt für den Bereich Super Food. Im Exportgeschäft wollen wir ebenfalls weiter wachsen. Wir schauen also zuversichtlich in die Zukunft. Das gilt übrigens auch mit Blick auf die Zahlungsmoral unserer Kunden.